Klimadiskurs.NRW

Wie Kommunen geteilte Mikromobilität zielgerichtet und gesellschaftsverträglich vor Ort integrieren können


am 29.08.22 von Christopher Dreke gepostet

Die Einhaltung der Klimaziele bedeutet auch: deutlich weniger Emissionen im Verkehr – und das so schnell wie möglich. Gerade in Städten sind klimaschädliche Fahrten mit Verbrennungsmotoren vermeidbar. Sharingangebote wie E-Scooter, E-Bikes und Leihräder könnten eine viel größere Rolle spielen, wenn Kommunen und Anbieter vor Ort Hand in Hand arbeiten, statt sich auszubremsen.

Der Klimawandel wartet nicht

Damit Deutschland seine Klimaziele erreichen kann, muss der Verkehrssektor seine Emissionen drastisch reduzieren. Fast 20% der deutschen Treibhausgase werden allein durch den Straßenverkehr verursacht. In deutschen Großstädten sind derweil 63% der Fahrten kürzer als 5 km; 39% sind kürzer als 2 km. Trotzdem steigt der PKW-Bestand auch in NRW kontinuierlich an, obwohl die Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs in fast jedem städtischen Klimaschutzplan fest verankert ist. Mit unserem Angebot an E-Scootern, E-Bikes und Leihrädern bieten wir bei TIER und Nextbike den BürgerInnen eine klimaneutrale Mobilitätsalternative. Die Hochschule Bochum hat beispielsweise zertifiziert, dass die neueste Scooter-Generation von TIER über den gesamten Lebenszyklus (also inkl. Produktion und Materialien) knapp unter dem CO2-Ausstoßniveau des ÖPNVs liegt.

Inzwischen ist TIER in NRW in über 30 Städten unterwegs und erfreut sich wachsender Beliebtheit. Dabei decken wir nicht nur NRWs Großstadtmetropolen wie Köln und Düsseldorf ab, sondern auch kleinere Orte wie Siegburg, Sankt Augustin, Herford oder Gütersloh.

Bereitschaft zum Umdenken

Das Potenzial von geteilten Mikromobilitätsangeboten ist noch lange nicht ausgeschöpft. Ganz im Gegenteil: Wir stehen gegenwärtig noch am Anfang. Um eine echte Verkehrswende einzuleiten, müssen Anbieter und Kommunen Hand in Hand zusammenarbeiten, um das Angebot gesellschaftsverträglich und zielgerichtet vor Ort zu integrieren. Nur gemeinsam können individuelle und auf die besonderen Gegebenheiten und Bedürfnisse jeder Kommune abgestimmte Mikromobilitätskonzepte entwickelt werden. TIER bringt hier als Weltmarktführer internationale Erfahrungen durch bestehende Partnerschaften ein. Ein paar zentrale Erfolgsfaktoren haben sich in den vergangenen Jahren besonders bewährt:

  • Ausschreibungen: Um diese Mobilitätsdienstleistung lokal verträglich und geordnet anbieten zu können und ein Überangebot an Leihfahrzeugen zu vermeiden, sind Auswahlverfahren mit qualitativen Kriterien statt pauschaler Flottenbegrenzungen zu empfehlen. Dadurch kann einerseits die Gesamtanzahl an Leihfahrzeugen in der Stadt effektiv begrenzt werden, andererseits aber auch ein attraktives, verlässliches und flächendeckendes Angebot für alle BürgerInnen – auch in Randbezirken – sichergestellt werden. Zudem reduziert eine Ausschreibung den Verwaltungsaufwand. Gleichzeitig bietet die Begrenzung von Mikromobilitätsanbietern die Möglichkeit, nach qualitativen Kriterien, wie z. B. Nachhaltigkeitsaspekten, Fahrzeugsicherheit oder Arbeitsschutzstandards auszuwählen. Die Angebote und Geschäftsmodelle der Anbieter unterscheiden sich sehr. Ein genauer Blick lohnt: Zu häufig wird nicht differenziert. Als erfolgreicher deutscher Anbieter mit hohen Qualitäts- und Nachhaltigkeitsstandards scheuen wir uns nicht vor Wettbewerb.
  • Parkflächen: Ein zentrales Problem ist fehlender Parkraum für die Fahrzeuge. Kein Anbieter möchte Stolperfallen! Weite Teile der Verkehrs- und Stadt-Planung sowie der Parkraumbewirtschaftung fokussieren immer noch ausschließlich den motorisierten Individualverkehr. In der Folge müssen Leihfahrzeuge auf Gehwegen abgestellt werden. Wir wünschen uns mehr Flächengerechtigkeit im öffentlichen Raum. Wir empfehlen deutlich markierte Parkzonen besonders in dichten Innenstadtbereichen, an großen Kreuzungen sowie an langen Straßen – beispielsweise durch die Umwidmung von PKW-Parkplätzen. Diese Zonen können beispielsweise durch Anreizstrukturen von den Anbietern beworben werden, sodass sich nach und nach eine Veränderung des Parkverhaltens einstellt. Unsere lokalen Teams vor Ort beraten gern bei der Planung und teilen ihre Erfahrung mit der Umsetzung unterschiedlicher Parkplatz-Konzepte.
  • ÖPNV: Der ÖPNV ist und bleibt Rückgrat des urbanen Verkehrs. Mikromobilität ist eine ergänzende Zubringermobilität. In der strategischen Zusammenarbeit entstehen nach und nach komfortable Wegeketten, die den Bedürfnissen der BürgerInnen entsprechen. Kooperationen mit bestehenden ÖPNV-Anbietern sind für uns ein wichtiger Erfolgsfaktor für die Verkehrswende, denn weder E-Scooter und Leih-Fahrräder noch der Ausbau des ÖPNV werden alleine die Mobilitätswende herbeiführen. Gute Partnerschaften und attraktive Angebote ermöglichen den Wandel. In Münster, Dortmund, Essen und Mühlheim erprobt TIER derzeit ein Modell, in dem Personen mit ÖPNV-Abo unsere Scooter nutzen, ohne die sonst obligatorische Freischaltgebühr entrichten zu müssen.

Um den vollen Nutzen für die Verkehrswende zu entfalten, muss Mikromobilität als Teil des Umweltverbundes anerkannt und auf politischer Ebene als Teil der Lösung verstanden und vertreten werden. Durch enge Zusammenarbeit der Kommunen mit den Anbietern kann es gelingen, die nötigen Rahmenbedingungen und infrastrukturellen Voraussetzungen dafür zu schaffen, Mikromobilität mit Gewinn für alle BürgerInnen in den kommunalen Verkehrsmix zu integrieren.

Christopher Dreke ist Public Policy Manager bei der TIER Mobility

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