Klimadiskurs.NRW

5 Fragen an: Andreas Wiebe


Andreas Wiebe ist Leiter von Wald und Holz NRW. Die Wälder sind in Nordrhein-Westfalen unverzichtbare Orte der Erholung und des Naturerlebens und übernehmen vielfältige Schutzfunktionen. Gleichzeitig bildet der Rohstoff Holz die Basis für eine der größten Wirtschaftsbranchen im Land. Nachwachsende und holzbasierte Rohstoffe werden für die Dekarbonisierung unserer Wirtschaft unverzichtbar. Die nachhaltige Sicherung und Entwicklung der Waldfunktionen und der Holzwirtschaft für die Menschen in Nordrhein-Westfalen ist Auftrag von Wald und Holz NRW.

1. Die letzten zwei Jahre waren viel zu trocken, so dass die Wälder unter ‚Trockenstress‘ leiden. Sie sind allerdings ein wichtiger Klimaschutzfaktor. Was sind hier die drängendsten Probleme?

„Der Wald und die ressourcenschonende Verwendung des nachwachsenden Rohstoffes Holz reduzieren im industriell geprägten Nordrhein-Westfalen jährlich etwa 18 bis 21 Millionen Tonnen CO2. Bei der Sicherung der Funktionen des Klimaschützers Wald stehen die effiziente Nutzung der aktuellen Schadholzmengen und die Begründung klimastabiler Wälder auf den geschädigten Flächen im Fokus der Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer. Neben der Eindämmung der Borkenkäferkalamität durch Einschlag der befallenen Bestände und eine rasche Holzabfuhr stellt die Wiederbewaldung Forstleute und Waldbesitzende im bevölkerungsreichsten Bundesland vor große Herausforderungen.“

2. Welche Möglichkeit hat Wald und Holz NRW hier einzugreifen bzw. Waldbesitzer zu unterstützen?

„Wald und Holz NRW unterstützt die Waldbesitzenden flächendeckend durch das Monitoring von geschädigten Waldbeständen sowie eine fachkundige und kostenlose Vor-Ort-Beratung. Diese beinhaltet den Einsatz schonender Holzernteverfahren, die Möglichkeiten des Holzabsatzes und einer ressourceneffizienten Holzverwendung, Aspekte des Waldnaturschutzes und die Wiederbewaldung mit klimastabilen Baumarten. Zudem erfolgt die Beratung zu den im Rahmen der Krisenbewältigung zur Verfügung stehenden umfangreichen Fördermitteln. Unsere Vertragspartner in den Forstbetriebsgemeinschaften werden auch operativ bei der Flächenräumung und der Wiederbewaldung umfassend betreut. Dabei können wir auch auf aktuelle und digitale Informationen auf der Basis von Satellitendaten sowie die wissenschaftliche Expertise unserer Spezialisten, z.B. für Forst- und Klimaschutz oder Waldbau, zurückgreifen.“ 

3. Das NRW-Umweltministerium hat die Finanzmittel für Wald, Forst- und Holzwirtschaft auf insgesamt über 57 Millionen Euro aufgestockt. Auch auf Bundesebene gibt es Geld aus den Corona-Maßnahmen und aus dem Landwirtschaftsministerium. Hier wurden Gelder allerdings zu wenig abgerufen. Sind hier die Hürden nun gesenkt und wer profitiert davon?

„Das Land NRW hat die Verfahren zur Antragstellung und Auszahlung von Fördermitteln zur Bekämpfung der Waldschäden erleichtert. Im Rahmen der aktuellen „Extremwetter-Richtlinie“    können auf Antrag Fördermittel bereits vor Abschluss der Maßnahmen ausgezahlt werden. Anstelle persönlicher Begutachtungen vor Ort sind bei der Antragstellung auch Fotodokumentationen mit digitalem Datum und GPS-Koordinaten sowie ergänzendem Luftbild möglich. Die sogenannte De-minimis-Regelung wird ausgesetzt, da die Europäische Union die zugehörige Bundesrichtlinie zwischenzeitlich notifiziert hat. Unser Ziel ist es, dass alle Waldbesitzenden unter den geltenden Bestimmungen des Förderrechts bei der Bewältigung der Waldschäden möglichst unbürokratisch unterstützt werden.“

4. Immer wieder wird kritisiert, dass die klimaschutz- und Ökosystemleistungen von Wäldern zu wenig anerkannt werden und sich dies auf die Bewirtschaftung der Wälder auswirkt. Wie können diese Leistungen der Wälder besser anerkannt und gleichzeitig ein Ausgleich geschaffen werden?

„Die Klimaschutzleistungen des Waldes und der Holzverwendung in Höhe von deutschlandweit 127 Mio. Tonnen CO2 pro Jahr werden durch den Bund bislang lediglich durch die Bereitstellung von Forschungsmitteln aus dem Sondervermögen des Energie- und Klimafonds mittelbar honoriert. Eine direkte Vergütung der Klimaschutzleistungen des Waldes ist auf nationaler Ebene bislang nicht vorgesehen. Weitere Leistungen des Waldes für unser aller Lebensgrundlagen wie Wasser, Boden, und Luft werden ebenfalls nicht vergütet. Vor dem Hintergrund der aktuellen Waldschäden und der damit verbundenen angespannten wirtschaftlichen Lage vieler Forstbetriebe wird durch die Vertreter des Waldbesitzes und der forstwirtschaftlichen Berufsverbände die Einführung einer Waldprämie gefordert. Diese könnte im Rahmen einer jährlichen Vergütung für die Klimaschutzleistung der Waldflächen aus der CO2-Abgabe (EKF) finanziert werden.  Unser Ministerpräsident hat dies unter dem Titel „Baumprämie“ bereits im letzten Jahr aufgegriffen. Hierzu wurde zwischenzeitlich eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe unter Leitung des Bundeslandwirtschaftsministeriums eingerichtet.“

5. Welchen Beitrag leistet die effiziente Holzverwendung bei der Bewältigung der aktuellen Waldschäden?

„Die ressourceneffiziente Nutzung des Rohstoffes Holz unterstützt die Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer in NRW, die aktuelle Krise zu bewältigen und die Klimaschutzleistung des Gesamtsystems Wald-Holz zu erhalten. Dies gilt insbesondere für die Holzverwendung im Bauwesen und die energetische Nutzung von stofflich nicht verwertbaren Holzsortimenten. Jede Tonne Stahl oder Beton die vermieden wird, ist ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz und damit auch zum Waldschutz. Ein Kubikmeter verbautes Holz reduziert durch den C-Speicher und die Substitution der fossil geprägten Materialien bis zu 2,5 Tonnen CO2. Die Substitutionsleistung im Bereich der energetischen Holznutzung liegt bei 0,67 Tonnen CO2 pro m³ Holz. Auch wenn es unserem Alltagsverständnis nicht entspricht: Die nachhaltige Nutzung von Wäldern (und nicht nur das Stehenlassen von Bäumen) helfen dem Klimaschutz entscheidend weiter.“