Klimadiskurs.NRW

Sommerlicher Wärmeschutz als zukünftige Aufgabe des Gebäude- und Quartiersmanagements


Der Klimawandel sorgt für heißere Städte – doch im Gebäudesektor fehlen bislang Wissen und Vorgaben für effektiven Hitzeschutz. Daraus resultieren mehrere Probleme. Ein Überblick.

von Prof. Dr.-Ing. Armin Just

Das Klima in Deutschland ändert sich. Die Anzahl der heißen Tage und Hitzeperioden nehmen seit einigen Jahren merklich zu. Insbesondere in den Städten und Ballungszentren macht sich dies durch unangenehme Tageshöchsttemperaturen und ein vermehrtes Auftreten tropischer Nächte, d. h. nächtlichen Temperaturen über 20° C, bemerkbar. Auf die BestandshalterInnen nimmt daher der Druck zu, Immobilien ganzjährig behaglich nutzbar zu machen. Hierfür müssen sowohl für die Grundstücksentwicklung im Neubausektor als auch für die Bestandsbewirtschaftung Konzepte entwickelt werden, die eine nachhaltige Antwort auf die Fragen des stattfindenden Klimawandels geben.

Der Klimawandel verlangt ein Umdenken bzgl. der Energieversorgung von Gebäuden. Die CO2-Emmissionen müssen zukünftig drastisch reduziert werden. Der nationale Energie- und Klimaplan sieht vor, dass im Jahre 2050 der Gesamtgebäudebestand in Deutschland weitgehend dekarbonisiert sein soll. Maßnahmen zur Eingrenzung der Erderwärmung und Folgen des Klimawandels durch die Reduktion von CO2-Emmissionen sind von der Immobilienwirtschaft akzeptiert, die hierfür erforderliche Technologie wird verhältnismäßig sicher beherrscht.

Schutz vor Überhitzung von Gebäuden ist ein noch zu wenig beachtetes Thema

Abweichend hiervon stellt sich der Bereich des sommerlichen Wärmeschutzes dar. Nachweise gegen Überhitzung von Innenräumen werden in der Regel nur für Neubauten oder umfangreiche Umbauten und Erweiterungen gefordert. Nachrüstverpflichtungen zum sommerlichen Wärmeschutz existieren derzeit nicht. Dies führt dazu, dass der sommerlichen Überhitzung von Immobilien und insbesondere Wohngebäuden in der Praxis derzeit noch kaum Beachtung geschenkt wird. Die Folge hieraus ist, dass NutzerInnen eigenverantwortlich elektrisch betriebene Klimageräte aufstellen, um Räume auf behagliche Temperaturen herunterzukühlen. Diese sogenannte aktive Maßnahme verbraucht Energie, die derzeit noch zu einem erheblichen Anteil aus fossilen Energieträgern gewonnen wird. Mangelnder Hitzeschutz bedeutet damit eine Verlangsamung der  Dekarbonisierung des Gebäudesektors.

BestandshalterInnen und NutzerInnen sollten im Gegensatz zu aktiven Maßnahmen an dieser Stelle zunächst die Eignung passiver Maßnahmen zur Reduktion der Aufheizung von Innenräumen untersuchen. An dieser Stelle ist zu allererst die Verschattung von Fensterflächen zu nennen, etwa durch Rollläden, Markisen oder Jalousien. Darüber hinaus kann eine Verschattung durch eine Begrünung der Fassade oder durch Schatten spendende Bäume die Erwärmung der Gebäudehülle verhindern und somit den Wärmestrom in Richtung der Innenräume reduzieren.Die Begrünung von geeigneten Flach- und Steildächern beeinflusst auf zwei Arten den sommerlichen Wärmeschutz positiv. Zum einen wird von den Pflanzen und dem Substrat Feuchtigkeit aufgenommen, welche im Verdunstungsfall beispielsweise über die Blätter wieder abgegeben wird und dabei Wärme latent speichert und somit zur Kühlung beiträgt. Zum anderen kann im Substrat selbst Wärme gespeichert werden. Eine Erwärmung des Daches wird somit verzögert.

Zielkonflikt: neuer Wohnraum vs. Erhalt von Freiflächen

In den Städten und Ballungszentren führt die Knappheit von Wohnraum und geeigneten Grundstücken seit einigen Jahren verstärkt zu Nachverdichtung. Die sog. horizontale Nachverdichtung wird häufig in Form von Baulückenschließungen und Bebauung von Freiflächen wie Innenhöfen oder Grünstreifen zwischen Bestandsgebäuden umgesetzt. Hierbei gilt es jedoch kritisch zu hinterfragen, ob aus klimatischer Sicht derartige Baumaßnahmen das Quartier nicht nachhaltig schädigen können. Durch die Nachverdichtung wird zwar dringend benötigter Wohnraum geschaffen, jedoch werden auch Frischluftschneisen geschlossen und Grünflächen versiegelt. Wichtige Zonen des Luftaustauschs sowie Verdunstungsflächen und Schattenspender gehen verloren. Die Aufenthaltsqualität sowohl innerhalb der Gebäude als auch im Freien sinkt an heißen Tagen durch die so entstehenden urbanen Hitzeinseln.

Ein vielversprechender Lösungsansatz zur Verbesserung des Mikroklimas auf Quartiersebene ist das Konzept der sogenannten Schwammstadt. Hierbei wird das anfallende Regenwasser lokal aufgenommen und gespeichert und nicht ungenutzt der Kanalisation zugeführt. Dazu werden im Freiraum Mulden, Rigolen oder Grünflächen angelegt, in denen sich das Regenwasser sammelt und im Erdreich versickert. Hierdurch wird während langanhaltender Hitzeperioden der Bildung von urbanen Hitzeinseln entgegen gewirkt und darüber hinaus das Kanalnetz bei Starkregenereignissen entlastet.

Anpassungsdruck auf die Immobilienwirtschaft

Die Anpassung an den zweifelsfrei existierenden Klimawandel zwingt die Immobilienwirtschaft zur Entwicklung neuer Konzepte sowohl auf der Gebäude- als auch auf der Quartiersebene. Fach- und Führungspersonal müssen in den nächsten Jahren auf diese Aufgaben gezielt vorbereitet werden. Dies kann durch die Aus- und Weiterbildung mittels speziell auf die Anforderungen der Immobilienbranche zugeschnittener Studiengänge geschehen. Die EBZ Business School (FH) bietet mit ihren Bachelor- und Masterstudiengängen genau diese Lösungen in Form von immobilienwirtschaftlichen Studiengängen an, die gezielt immer auch einen Schwerpunkt auf Nachhaltigkeit setzen.

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