Klimadiskurs.NRW

Nachhaltige Innovationen für die Zukunft unserer Kleidung


Nachhaltigkeit und Mode: Geht das überhaupt zusammen? Mit Blick auf die Wertschöpfungskette kommen Zweifel auf. Die Bekleidungsindustrie gilt als eine der schmutzigsten Wertschöpfungsketten weltweit und je nach Quelle macht sie 2 bis 6% des weltweiten ökologischen Fußabdrucks aus. Sie ist eine der am stärksten globalisierten Wertschöpfungsketten der Welt und dabei eine der wichtigsten Einnahmequellen in Schwellenländern – auch wenn die sozialen Missstände wie Menschenrechtsverletzungen gravierend sind. Es tut also dringend Not, die textile Wertschöpfung nachhaltiger zu gestalten.

von Prof. Dr. Monika Eigenstetter

Die Wertschöpfungsstufen der Bekleidungsindustrie sind über die ganze Welt verteilt, und ein Kleidungsstück legt tausende an Kilometern zurück, bevor es hier im Laden liegt. Die Herstellungsprozesse natürlicher Fasern wie Baumwolle oder Wolle sowie synthetischer Fasern wie Polyester oder Viskose sind aufwendig. Die Fasern werden danach weiterarbeitet: gesponnen, verwebt oder verstrickt, damit so genannte textile Lagen entstehen. Diese werden gewaschen, gebleicht, dann gefärbt und mit weiteren Chemikalien behandelt, von denen viele als so genannte Gefahrstoffe gelten, d.h. als schädlich für Mensch und Umwelt. Zuletzt wird das Kleidungsstück genäht, nicht selten in den so genannten Sweatshops in Asien, Südamerika, Nordafrika oder Osteuropa. Zwei dieser Wertschöpfungsstufen haben besonders negative soziale und ökologische Folgen im Herstellungsprozess, da hier besonders viele Gefahrstoffe zum Einsatz kommen.

Pestizide, Biozide, Herbizide – die Herstellung von Fasern belastet Mensch & Natur erheblich

Baumwollfasern machen über 40% der in der EU genutzten Kleidung aus. Der Wasserverbrauch von Baumwolle ist immens. Da Baumwolle oft in wasserarmen Gegenden kultiviert wird, sind die Auswirkungen vor Ort gravierend. Nahezu jeder kennt die Bilder des schwindenden Aralsees. Zudem aber werden im Baumwollanbau große Mengen Pestizide, Biozide und Herbizide, z.B. Entlaubungsmittel eingesetzt: Viele davon können zu Vergiftungen bei den Bauern, zur Entstehung von Krebs und zu Missbildungen bei ungeborenen Kindern führen. Weil die Schutzvorkehrungen in den Herstellungsländern unzureichend sind, geschieht das sehr häufig. Zudem belasten die Auswirkungen der Mittel zur Düngung, der Schädlingsvernichtung und der Entlaubung Gewässer und Böden sehr.

In den letzten Jahren hat auch die Herstellung der Faser Viskose stark zugenommen. In ihren Qualitäten ähnlich der Baumwolle, ist es eine halbsynthetische Chemiefaser, die aus Holz gewonnen wird. Für die Erstellung der Faser wird u.a. Schwefelkohlenstoff eingesetzt. Dieser wirkt besonders toxisch auf alle Organe und das gesamte Nervensystem. Der Großteil der Viskose wird in Indien, China oder Indonesien erzeugt: Auch hier sind Arbeits- und Umweltschutz weit entfernt von europäischen Standards.

Wasserabweisende Outdoorkleidung – praktisch, aber oft nicht nachhaltig

Die Veredlung umfasst die Färbung, das Bedrucken der Kleidung und oft auch eine weitere Nachbehandlung. Während Färben und Drucken den meisten Menschen bekannt ist, ist das so genannte Finishing mit seinen Auswirkungen eher weniger bekannt. Es sorgt dafür, dass z.B. Oberflächen der Kleidung besonders schmutz- oder wasserabweisend werden, wie man dies im Outdoor-Bereich kennt. Finishing sorgt auch dafür, dass Kleidung besondere modische Effekte aufweist, wie man dies z.B. bei Jeans anwendet. Veredlung geht mit einem besonders hohen Einsatz an Wasser, Energie und Chemikalien mit Auswirkungen auf Abwasser, Abluft und Böden einher. Viele Gefahrstoffe kommen auch hier zum Einsatz.

In Zukunft braucht es mehr Ressourceneffizienz und weniger Konsum

Der Zukunft neue Kleider braucht noch jede Menge Schöpfergeist und Innovationen, bis nachhaltige Mode in der Breite erzeugt werden kann. Etliche Unternehmen haben sich schon auf den Weg gemacht: der Grüne Kopf ®und viele andere Sozial- und Ökosiegel im Bereich der Mode zeugen davon. Sie wirken auf nachhaltige Erzeugung, reduzieren den Einsatz von Gefahrstoffen im Prozess und tragen zu guten Arbeitsbedingungen bei. Nachhaltigkeit heißt aber auch, dass Konsumentinnen und Konsumenten Kleidung deutlich länger nutzen und weniger wegwerfen. Das nachhaltigste Kleidungsstück wird gar nicht erst erzeugt.

Die Ressourceneffizienz muss gesteigert werden, um bei einer steigenden weltweiten Nachfrage nach Fasern den Bedarf zu stillen und nicht mit der Nahrungsmittelerzeugung in Konkurrenz zu geraten. Ressourceneffizient sind etwa nachhaltige Baumwollerzeugung unter vermindertem Einsatz von Wasser und Chemikalien und die Erzeugung von Textilien aus den Resten der Nahrungsmittelerzeugung. Fasern und lederähnliche Produkte können z.B. aus Ananas-, Apfel-, Orange- oder Fischabfällen gewonnen werden. Dies sind bislang aber nur Nischenprodukte.

Viele Herausforderungen – aber auch viele innovative Ansätze

Kreislaufwirtschaft bietet viele Ansätze, indem z.B. Abfälle aus Zwischenschritten der Produktion genutzt werden. Oft können die Abfälle beim Spinnen und Weben gut weiterverwendet werden. Im Bereich der Kreislaufwirtschaft besteht allerdings eine große Herausforderung darin, dass veredelte Mischgewebe nur eingeschränkt rezyklierbar sind. Hier entstehen gerade viele neue Ansätze. Digitalisierung wiederum eröffnet neue Möglichkeiten des Montorings, sodass Entstehungsprozesse von Kleidung vollständig transparent werden können.  Dies sind zwei Beispiele von vielen weiteren nötigen Prozessinnovationen, so dass die Textil- und Bekleidungsindustrie zum Wohlergehen von Mensch und Umwelt beitragen kann.