Klimadiskurs.NRW

„Mehr Bildung!“ weitergedacht – Gebäude klimaschonender machen


am 12.12.19 von Inga-Lill Kuhne gepostet

Auf sämtlichen Nachhaltigkeitsveranstaltungen wird immer wieder der Ruf nach mehr Bildung laut! Geht es wirklich um mehr Bildung? Angesichts der knappen Zeit ist es schwierig genug, passende Weiterbildungstermine im Kalender unterzukriegen. Sollte die Forderung nicht eher auf die „richtige“ Bildung abzielen? Wie aber kann diese in unserer heutigen Welt konkret aussehen, damit schneller gute Entscheidungen getroffen werden und gemeinsam zielführend gehandelt wird, statt an alten Routinen festzuhalten?

Das Problem ist doch, dass wir trotz vorhandener Lösungen aufgrund von verschiedenen Vorstellungen aneinander vorbeireden. Diese in Einklang zu bringen sollte das Ziel sein. „Bild-ung“ kann daher als ein Prozess verstanden werden, bei dem ein Bild aufgebaut wird, welches das gesammelte Wissen anschaulich be-greifbar und verfügbar macht, so dass man daraus jederzeit selbstständig alle relevanten Informationen und Zusammenhänge auf die aktuelle Situation ableiten kann, um sein Handeln besser auszurichten. Wenn nun alle Handelnden ein gemeinsames Bild haben, auf das sie zeigen und sich abstimmen können, kann es endlich auch ein gemeinsames Verständnis und zielführende Entscheidungen geben.

Wissensvernetzung an einem digitalen Gebäudemodell (Quelle: https://infobase.ecolearn.de)

Ein konkretes Beispiel für ein solches Gesamtbild gibt es bereits für die Baubranche, die im erheblichen Maß zum CO2-Austoß beiträgt. Hier wird Wissen bildlich an einem „Haus“ vernetzt und über benutzerfreundliche Filter für alle Beteiligten frei verfügbar gemacht. Dieses Prinzip lässt sich auf andere Kontexte erweitern oder übertragen.

Warum ein gemeinsames Bild zur Wissensvermittlung sinnvoll ist, ergibt sich aus den Chancen und Herausforderungen, die die klassische Weiterbildung heute durch Digitalisierung, Informationsflut und Spezialisierung erlebt:

  • Die Digitalisierung bietet der Bildung ein großes Potential durch den Einsatz von neuen Medien (z.B. Augmented Reality, interaktive Filme) und E-Learning, wodurch man zeit- und ortsunabhängig Lerninhalte für beliebig große Gruppen begreifbar machen kann. Diese Form wird von immer mehr Fachleuten auch im Baubereich genutzt. Das ist positiv, denn neues Wissen soll schnell die Zielgruppen erreichen, um den nötigen Wandel zu unterstützen. Digitales Lernen muss jedoch anders konzipiert werden, was eine hohe Medienkompetenz der Anbieter voraussetzt. Idealerweise wird das Wissen emotional und in einem zusammenhängenden Kontext transportiert, um es digital leichter begreifbar zu machen.
  • Die Informationsflut überfordert viele und führt in der Bildung zu eher ungünstigen Randbedingungen, wenn die Aufnahmefähigkeit leidet. Wissen wird zunehmend abseits von klassischen Kursen gebildet, im Puls der sozialen Netzwerke werden Beiträge geteilt und nötige Antworten längst „gegoogelt“. Es lohnt es sich, zu fragen, wie die Vorteile der Verfügbarkeit sinnvoll zur informellen Bildung nutzbar gemacht werden können. Die Flut müsste in eine leicht konsumierbare Brandung überführt werden. Das Einordnen ist hierbei ein wesentlicher Schlüssel, um die Informationen bedarfsgerecht zu kanalisieren. Durch eine gemeinsame Plattform, die Informationen bündelt, praxisgerecht darstellt und über intelligente Filter selbstbestimmt abrufbar macht, kann zeitsparend eine aktuelle Übersicht erlangt werden, die das Treffen einer gut informierten Entscheidung erleichtert.
  • Die Spezialisierung macht die Komplexität der Welt im kleinen beherrschbar. Sie zeigt sich sehr deutlich im Bauwesen, wo z.B. Architekten, Fachplaner, Handwerker, Händler, Behörden und Investoren mit ganz unterschiedlichen Perspektiven an Teilbereichen der Gesamtaufgabe arbeiten. Um unseren Gebäudebestand klimaschonend zu gestalten, müssen alle Beteiligten an einem Strang ziehen und alle Anforderungen in Einklang bringen. Das Wissen hierzu muss zum einen zielgruppengerecht aufbereitet sein. Aufgabe der Bild-ung muss jedoch mehr denn je sein, ein fächerübergreifendes Bewusstsein zu vermitteln. Nur ein Gesamtbild, das alle Informationen integriert und den Zusammenhang erfahrbar macht, eignet sich als Leitbild für ein gemeinsames Handeln in unserer vernetzten Welt. Es braucht einen ganzheitlichen Ansatz, der alle Medien, Zielgruppen, Anforderungen und Teilschritte vereint und so miteinander vernetzt, dass Lösungen sichtbar werden.

Dieses Gesamtkonzept der Weiterbildung – zusammenfassend: Perspektiven zu einem Gesamtbild zusammenführen, Wissen einordnen und bedarfsgerecht digital vermitteln – kann wie am Beispiel oben gezeigt hervorragend in der Baubranche umgesetzt werden, um nachhaltiges Bauen in der Breite zu motivieren. Denn hier ist kein „Gesamtbild“ treffender als das Gebäude selbst, für das jeder Beteiligte direkt ein Sinnbild vor Augen hat. Als digitales Modell wird es skalierbar und (be-)greifbar, hier lässt sich alles relevante Wissen und Informationen über Bauteile, Prozesse und Akteure speichern. Alle Informationen, die man z.B. in Beratungs- oder Projektgesprächen benötigt, um gemeinsam getragene Entscheidungen in Richtung klimaneutralen Gebäudebestand zu treffen, lassen sich über praxisorientierte Filter anzeigen und durch schnellen Fokuswechsel aus verschiedenen Perspektiven betrachten, was das gegenseitige Verständnis fördert.

Eine solche Herangehensweise kann ebenso auf andere Branchen und Kontexte angewendet werden. Statt eines Gebäudes als zentrales Bild ließe sich z.B. ein Quartier oder gar die Bundesrepublik Deutschland mit ihren verschiedensten Sektoren abbilden. Übersichtlich gebündelt und untereinander vernetzt können die relevanten Wissensbausteine und Lösungen auf verschiedenen Ebenen für alle Akteure fächerübergreifend und passend fokussiert zugänglich gemacht werden.

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