Klimadiskurs.NRW

„Eine tolle Zusammenarbeit mit viel Potenzial!“


Celia Sokolowsky ist Verbandsdirektorin des vhs NRW, Petra Niesbach leitet die Gruppe Umwelt der Verbraucherzentrale NRW. Ein Gespräch über Bildungsangebote und das Bildungsverständnis der Institutionen, über gemeinsame Kooperationen und Themenschwerpunkte im nächsten Jahr.

KlimaDiskurs.NRW: Frau Niesbach, welche Bildungsangebote macht die Verbraucherzentrale im Bereich Klima, Klimaschutz und Klimafolgen?

Petra Niesbach: In Schulen stehen oft die Themen Ernährung, Energie, Ressourcenschutz im Vordergrund. Auch in der Erwachsenenbildung beobachten wir eine große Nachfrage, insbesondere zu nachhaltigem Konsum. Wir bieten vor allem (Online-)Seminare, Workshops und Vorträge an, neben den genannten Themen etwa zu Abfall, Kreislaufwirtschaft oder Müllvermeidung. Die Entsorgungsunternehmen überlassen uns gern diesen Punkt. Mit unseren Angeboten wollen wir aber weniger Wissen vermitteln als vielmehr sensibilisieren. Wir versuchen, Fragen zu beantworten, die einen konkreten Einfluss auf das Handeln der Menschen haben.

KlimaDiskurs.NRW: Der Aspekt der Wissensvermittlung hat bei den Angeboten der Volkhochschulen (vhs) vermutlich Priorität, Frau Sokolowsky.

Celia Sokolowsky: In der Tat. Für uns ist Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) aktuell ein wichtiges Thema. Nachhaltigkeit ist eine Querschnittsaufgabe und muss in der Erwachsenenbildung eine tragende Rolle spielen. Wir erreichen gerade die Menschen, die wir für eine schnelle Wende brauchen. Als Gesellschaft erreichen wir die UN Ziele 2030 nur im Dialog mit den Erwachsenen. Wir setzen dabei auf breite, regionale Angebote. Ein Beispiel dafür sind die klimafit Kurse, die in den vhs stattfinden und oft von Energieberaterinnen und -beratern der VZ NRW geleitet werden.

KlimaDiskurs.NRW: Auch jenseits der Kooperationen bei klimafit gibt es Überschneidungen und Synergien. Wo liegen die? 

Sokolowsky: Als vhs arbeiten wir viel mit lokalen PartnerInnen, oft entwickeln sich die Kooperationen vor Ort organisch. Die Verbraucherzentralen bringen über die DozentInnen beispielsweise Expertise ein. Wir selbst verstehen uns als Bildungsort, als für alle offenes Dialogforum. Durch unsere Neutralität und Ausgewogenheit werden wir als Marke auch so wahrgenommen.

Niesbach: Die Verbraucherzentrale NRW hat über 60 Beratungsstellen, in gut einem Drittel gibt es auch UmweltberaterInnen vor Ort – das macht die Kooperation mit den Volkshochschulen besonders einfach. Wir nehmen seit Längerem einen wachsenden Bedarf wahr. Die gestiegene Nachfrage können wir nur dort abdecken, wo auch jemand vor Ort ist. Letztlich ist es also auch eine Finanzierungsfrage, wo und wie solche Synergien entstehen können. Grundsätzlich lässt sich aber sagen: Aus der breiten Verteilung im Land, der Neutralität und Ausgewogenheit der vhs und unserer Expertise ergibt sich eine ideale Partnerschaft. Wir schauen auf ein gut bestelltes Feld und Setting.

KlimaDiskurs.NRW: Wo sehen Sie Ihre Stärken in der Bildungsarbeit?

Sokolowsky: Als vhs steht unser Angebot unter der Überschrift ,Teilhabe, Dialog, Mitgestaltung‘. Am Ende steht für uns immer Handlungskompetenz und Förderung von aktivem Engagement. Wissen über Klima und Klimaschutz ist Orientierungswissen, darin unterscheidet es sich von Prüfungswissen, das etwa für Schulabschlüsse eine Rolle spielt und dann nicht mehr. Das passt zu unserem Verständnis von Erwachsenenbildung: Wir orientieren uns am Interesse der Menschen – und inhaltlich berührt das oft Klimathemen oder hängt mit Fragen des Klimaschutzes zusammen, auch wenn das ursprüngliche Interesse woanders liegt. Wir beobachten beispielsweise großes Interesse an externen Kursen zur Gebäudesanierung – für solche Hands-On-Ansätze sind die Verbraucherzentralen sehr gut aufgestellt. 

Niesbach: Auch für uns ist die Handlungsebene entscheidend. Unsere Aufgabe ist es, komplizierte Sachverhalte auf die Ebene des Alltags herunterzubrechen. Wir merken sehr oft, dass Menschen sich richtig verhalten wollen und auf der Suche nach Orientierungshilfen dafür sind. Als Verbraucherzentrale sind wir zugleich Informationsquelle, Einordnungshilfe von Informationen und ein neutraler Akteur ohne Anbieterinteressen. Menschen kommen zu uns, um Geld zu sparen, komplizierte Sachverhalte zu verstehen und um sich zukunftsfähig aufzustellen. Kurz: Zu uns kommen Leute, die etwas verändern wollen – und wir geben ihnen das Rüstzeug dafür. 

KlimaDiskurs.NRW: Sind Sie in Ihrem Anliegen und Ihrer Arbeit politisch?

Sokolowsky: Wir sind kein parteipolitischer Akteur. Es ist nicht unsere Aufgabe, Bündnisse zu gründen – wir bieten aber den Raum für Dialog und Begegnung. Auch wenn wir parteipolitisch neutral sind, positionieren wir uns – etwa durch unser Programm und unsere Aktivitäten. Wir sind pro Klimaschutz, für die SDGs und wollen nachhaltige Entwicklung in NRW aktiv mitgestalten. Was uns als Institution betrifft, treiben wir das auch durch eine innerverbandliche Strategie, vhs2030, voran.

Niesbach: Wir sind ein politischer Akteur, aber positionieren uns rein verbraucherpolitisch. Darüber hinaus wollen wir vor allem Interesse bedienen und Handlungswege zeigen: Wo liegen Hemmschwellen für klimaschützendes Verhalten und wie lassen sich diese überwinden? Mit Blick auf die Landtagswahl 2022 werden wir Wahlprüfsteine veröffentlichen, in denen auch Nachhaltigkeit und Klimaschutz eine Rolle spielen.

Sokolowsky: Wahlprüfsteine erarbeiten wir auch, allerdings mit Fokus auf Bildung. BNE wird dabei zentral sein, denn das Thema ist momentan fast exklusiv auf Schulen bezogen, obwohl es viel mehr ist.

KlimaDiskurs.NRW: Das ist eine gute Überleitung in die Schlussfrage. Welche Themen werden Sie 2022 noch begleiten?

Sokolowsky: Bei uns stehen die Zukunftsthemen Nachhaltigkeit, Vielfalt, Demokratie und Digitalisierung auf der Agenda. Das sind gleichermaßen Querschnittsthemen für die Organisation wie für das Programm. Wir wollen den gesellschaftlichen Wandel mitmachen, weiterentwickeln und Impulse in die Kommunen geben.

Niesbach: Wir blicken auf die Energiewende, insbesondere die Themen Prosumer, Erneuerbare Energien, Heizungsaustausch, Kreislaufwirtschaft. In Bezug auf Klimaanpassung legen wir einen Fokus auf Starkregen sowie Dach- und Fassadenbegrünung.