Klimadiskurs.NRW

5 Fragen an … Juan Cava Marin


Juan Cava Marin ist Prokurist bei den Stadtwerken Düsseldorf und begleitet seit über 20 Jahren die Entwicklung der Energieversorgung in der Region. Er ist Mitglied des geschäftsführenden Vorstands von KlimaDiskurs.NRW.

KlimaDiskurs.NRW: Juan, die Stadtwerke Düsseldorf sind von Beginn an Mitglied im KlimaDiskurs.NRW. Der Verein wird bald zehn Jahre alt – seit wann ist Klimaschutz ein Thema bei den Stadtwerken?

Uns ist seit langem klar, dass wir die Klimaschutzziele nur mit einem breiten gesellschaftlichen Konsens erreichen. Es gibt zwei Wege, diesen Konsens zu erreichen: Dialog und Bildung. Bildung meint hier etwa das Wissen um Klimaziele, welche Chancen mit ihnen einhergehen und welche Handlungsmöglichkeiten wir individuell haben. Aus diesem Gedanken heraus haben wir z. B. in den 1990er Jahren zehn Schulen mit Solaranlagen ausgestattet – unter der Bedingung, dass diese auch Gegenstand im Unterricht sind. Von da an hat sich unsere Beschäftigung mit dem Thema intensiviert. Aktuell erleben wir, dass der Konsens für Klimaschutz breiter wird, einerseits sicher durch die zunehmend deutlich werdenden Auswirkungen des Klimawandels, andererseits aber auch die Überzeugungsarbeit, insbesondere zivilgesellschaftlicher Akteure. Eine Folge dieser Entwicklungen ist, dass viele Städte mit breiter politischer Unterstützung ihre Klimaschutzziele verschärfen.

Du hast die gesellschaftliche Entwicklung in den letzten Jahren im Hinblick auf Themen des Klimaschutzes angesprochen. Wie hat sich das in der Arbeit der Stadtwerke bemerkbar gemacht?

Es gibt ein Beispiel, das dies gut illustriert. Vor über zehn Jahren stand die Frage im Raum, ob die Stadtwerke Düsseldorf sich an einem Kohlekraftwerk beteiligen oder ein eigenes, kleines Kohlekraftwerk bauen, um die Nachfrage an Strom und Wärme in Düsseldorf zu decken. Andere Pläne schienen sich nicht realisieren zu lassen. Wir haben dann festgestellt, dass unser Umfeld dagegen war und es keinen Sinn macht, gegen diesen Widerstand ein Kohlekraftwerk zu bauen. Also sind wir mit allen relevanten Akteuren aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft und NGOs in den Dialog getreten und haben ein Konzept entwickelt, das die Interessen aller möglichst weitgehend integriert. Am Ende stand die Erkenntnis, dass wir in Düsseldorf ein intelligentes Strom- und Wärmenetzwerk brauchen. Das haben wir dann begonnen zu bauen. Ein Meilenstein darin war, dass wir 2016 das effizienteste Erdgaskraftwerk der Welt in Betrieb genommen haben. Wir erzeugen darüber hinaus in großem Umfang Wärme aus Biomasse, haben ein Pilotprojekt für die Einspeisung solarer Wärme in unser Netz erfolgreich umgesetzt und einen Wärmespeicher gebaut. Dieses System spart pro Jahr eine Million Tonnen CO2 in Düsseldorf ein. Das ist aber tatsächlich nicht mehr als ein Zwischenerfolg, auf dem wir uns nicht ausruhen – im Gegenteil.

Düsseldorf will bis 2035 klimaneutral werden. Welche Rolle spielen die Stadtwerke Düsseldorf bei der Erreichung dieses Klimaziels?

Wir nehmen das Ziel der Klimaneutralität in Düsseldorf bis 2035 vollständig an. Als Stadtwerke tragen wir dabei große Verantwortung: Wir sind der zentrale Akteur bei Strom und Wärme. Hier werden wir konsequent weiter dekarbonisieren und bis 2035 nur noch Strom und Wärme liefern, die klimaneutral sind. Als Schlüssel sehen wir neben der Energieeinsparung in unserer industriell geprägten und wirtschaftlich starken Region vor allem die Nutzung von Wasserstoff, industrieller Abwärme und Tiefengeothermie. Aber auch in der Mobilitätswende sehen wir uns als Treiber, nicht zuletzt bei den Themen Lade- und Wasserstoffinfrastruktur. Diese Verantwortung haben wir lange erkannt und treiben eine entsprechende Entwicklung der Infrastruktur der Stadt voran. Woran wir alle gemeinsam arbeiten müssen ist es, ein breites Commitment der Stadtgesellschaft zu erreichen, Investitionen, Regelungen und Anstrengungen auf das Klimaziel hin auszurichten. Für dieses Commitment braucht es Dialog, Transparenz und Bildung. An dieser Stelle spielt der KlimaDiskurs.NRW eine wichtige Rolle – etwa durch öffentliche Veranstaltungen und sektorenübergreifende Dialoge, aber auch durch Projekte wie klimafit, das der Verein in NRW koordiniert.

Die Stadtwerke Düsseldorf unterstützen den klimafit Hub NRW 2021 bei der Durchführung am Standort Düsseldorf, KlimaDiskurs.NRW koordiniert die Standorte im Bundesland. Was macht klimafit aus deiner Sicht aus?

Wir haben über Bildung und Dialog als Voraussetzungen für gesellschaftlichen Konsens gesprochen. klimafit vermittelt den KursteilnehmerInnen einerseits Wissen über den Klimawandel und Klimaschutz auf globaler und kommunaler Ebene, bringt sie in Kontakt mit ExpertInnen. Andererseits lernen klimafit TeilnehmerInnen, Prozesse in Gang zu setzen und als MultiplikatorInnen weitere Menschen zu erreichen. Aus den Kursen heraus entstehen eigene, neue Initiativen. Es geht also darum, Menschen nicht nur zu überzeugen, sondern auch darum, sie zu befähigen. So entsteht eine Rückwirkung in die Gesellschaft hinein. Und die braucht es, damit wir gemeinsam handeln können. Für uns als Unternehmen geht es beim Thema Klimaschutz um sehr viel: Reputation, Markterfolg, die Attraktivität als Arbeitgeber und vieles mehr. Wir werden dann glaubwürdig und als leistungsfähiger Partner akzeptiert, wenn wir nicht nur erzählen, sondern machen. Dieses Machen bedeutet nicht nur Investitionen in die richtige Infrastruktur, sondern auch in der Sache mitzuarbeiten, zum Beispiel beim KlimaDiskurs.NRW oder bei klimafit. Deswegen planen wir z.B. derzeit auch ein Treffen mit den TeilnehmerInnen des klimafit Kurses in Düsseldorf. Das sind für uns spannende Gesprächspartner.

Wir haben über gesellschaftlichen Konsens gesprochen, über Bildung und Dialog als Voraussetzungen dafür und über klimafit als ein Beispiel, wie Menschen befähigt werden, aktiv zu werden. Bleibt zum Abschluss die Frage: Was kann Motivation sein, aktiv werden zu wollen und Teil des notwendigen Konsenses zu werden?

Ich denke, wir müssen verstehen, dass Maßnahmen zum Klimaschutz nicht ausschließlich dazu führen, dass CO2 eingespart wird. Viele der dafür notwendigen Maßnahmen müssen wir aus anderen Gründen ohnehin durchführen, etwa wenn wir die Lebensqualität in Ballungsräumen erhalten wollen. Nehmen wir das Beispiel Stadtverkehr: Weniger Autos bedeuten auch weniger Feinstaub, weniger Lärm, weniger Staus. Daraus ergibt sich echter Mehrwert, sei es in Form von Lebensqualität für die Menschen oder als Attraktivität des Wirtschaftsstandorts. Oder nehmen wir die Rheinanleger in Düsseldorf: Wenn wir Hotelschiffe mit Landstrom versorgen, müssen sie nicht mehr mit ihren Dieselmotoren Strom erzeugen. Das reduziert Lärm und Gestank für die Menschen, die am Rheinufer sitzen. Kurz gesagt: Es geht darum, wie wir die Stadt der Zukunft bauen. Eine Eigenschaft – aber eben nur eine Eigenschaft – dieser Stadt wird sein, dass sie viel weniger CO2 ausstößt. Gleichzeitig entstehen viele andere positive Effekte. Auch die müssen wir im Blick haben, wenn wir über Klimaschutzmaßnahmen und ihre Kosten sprechen: Das Engagement für Klimaziele bedeutet, etwas sehr Konkretes für die eigene Stadt und schließlich auch für sich selbst zu tun.

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