Klimadiskurs.NRW

Die Wohnungswirtschaft auf dem Weg zum klimaneutralen Gebäudebestand bis 2045


Die Wohnungswirtschaft soll 2045 klimaneutral sein. Gerade bei sozial orientierten Wohnungsunternehmen und -genossenschaften zeigt sich der Zielkonflikt zwischen Ökologie, Ökonomie und sozialer Verantwortung besonders stark. Eine Refinanzierung der erforderlichen Investitionen über Mieterhöhungen ist ihrem Selbstverständnis nach keine Option. Wie können sie trotz begrenzter finanzieller Mittel klimaneutrale Gebäudebestände erreichen?

Alexander Rychter, Verbandsdirektor,
VdW Rheinland Westfalen

Das Ziel ist klar, der Weg (noch) nicht

Das Ziel ist klar: 2045 will Deutschland klimaneutral sein. Das gilt auch für den Gebäudesektor. 2045 soll das Wohnen CO2-frei sein, die Wärmeversorgung und künftig auch der Bauprozess klimaneutral erfolgen. Der Weg dahin stellt Wohnungsunternehmen und -genossenschaften allerdings vor erhebliche Herausforderungen. Aktuell werden in Nordrhein-Westfalen von ca. 5,2 Millionen Mieterhaushalten rund 3,3 Millionen mit Gas, also fossilen Brennstoffen, beheizt. Diese gilt es nach und nach auf klimaneutrale Energieträger umzustellen. Gleichzeitig muss bei vielen Bestandsgebäuden auch die Gebäudehülle erneuert und somit die Energieeffizienz erhöht werden, um sie fit zu machen für erneuerbare Heizungsanlagen, wie etwa Wärmepumpen.

Für Wohnungsunternehmen und -genossenschaften bedeutet das Investitionen in Milliardenhöhe. Theoretisch naheliegend erscheint eine Refinanzierung der Maßnahmen über Mieterhöhungen. Die Realität sieht aber gerade bei den sozial orientierten Wohnungsunternehmen und -genossenschaften anders aus. Ihr Fokus liegt auf dem Bau und der Bewirtschaftung bezahlbarer Wohnungen und das soll auch so bleiben. Was also tun?

Klimapfade als erster Schritt

Einen für die Wohnungswirtschaft allgemeingültigen Weg zum klimaneutralen Gebäudebestand gibt es grundsätzlich nicht. Dafür sind die Gebäudebestände und auch die Voraussetzungen vor Ort, etwa hinsichtlich der bestmöglichen Optionen für klimaneutrale Wärme, wie durch Fernwärme oder Geothermie, zu individuell. Bei der Planung von Investitionen und konkreten Maßnahmen müssen Wohnungsunternehmen und -genossenschaften diese Besonderheiten berücksichtigen.

Bei der zielgerichteten Ertüchtigung von Bestandsgebäuden kann ein eigener Klimapfad helfen, der vorzeichnet, wie Klimaneutralität bis 2045 erreichbar ist. Die Grundlage für diesen Klimapfad liefert eine CO2-Bilanz, eine Bestandsaufnahme der Gebäude. Darin enthalten sind u.a. das Baujahr, die Heizungsform und der Energieträger sowie die entsprechenden CO2-Emissionen. Genau die Daten also, die es braucht, um zu definieren, welche Maßnahmen zukünftig erforderlich sind, um die Klimaziele zu erreichen. Diese werden dann im nächsten Schritt im Rahmen einer Investitionsstrategie und im Klimapfad festgelegt.

Damit hat das Wohnungsunternehmen eine Strategie, welche Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz und zum Umstieg auf erneuerbare Energieträger für die Wärmeversorgung wann an welchen Gebäuden umgesetzt werden sollen und erhält eine ungefähre Übersicht über die dafür erforderlichen Investitionskosten. So können die begrenzten finanziellen Mittel der Unternehmen und Genossenschaften effizient eingesetzt und die zusätzliche Belastung für Mieterinnen und Mieter möglichst geringgehalten werden.

Kommunale Wärmeplanung als Rahmen

Wesentliche Voraussetzung für einen erfolgreichen Klimapfad ist eine effektive kommunale Wärmeplanung, in die die Wohnungswirtschaft frühestmöglich einbezogen wird. Denn kommunale Wärmepläne sollen wichtige Informationen darüber ausweisen, welche Energieträger wo und wann voraussichtlich für die Wärmeversorgung zur Verfügung stehen werden. Nur wenn diese Informationen möglichst frühzeitig geteilt werden, können Wohnungsunternehmen diese in ihre Klimapfade einbeziehen.

Umgekehrt können sie mit ihren CO2-Bilanzen auch zusätzliche Daten liefern, die für eine kommunale Wärmeplanung relevant sind. Durch die häufig zusammenhängenden Gebäude in Quartiersstrukturen besteht die Möglichkeit, zentrale Energieversorgung im Quartierszusammenhang, etwa durch Fernwärme oder kalte Nahwärmenetze, umzusetzen. Damit dies gelingt, braucht es eine gute Zusammenarbeit aller beteiligter Akteure: der Kommunen, der Energieversorger und der Wohnungswirtschaft.