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Zukunftsweisende digitale Wasserzeichen für ein besseres Verpackungsrecycling in der EU


Kann eine intelligente Kennzeichnung von Verpackungen die Genauigkeit von Sortier- und Recyclingsystemen so beeinflussen, dass wir eine Kreislaufwirtschaft für Verpackungen in der EU erreichen? Mit dieser Frage beschäftigt sich die Digitale Wasserzeichen Initiative HolyGrail 2.0.

von Eva Schneider

Das Pilotprojekt, geleitet durch den europäischen Markenverband AIM und unterstützt von der Alliance to End Plastic Waste, bringt mehr als 160 Unternehmen und Organisationen der gesamten Wertschöpfungskette der Verpackungsindustrie zusammen – von MarkeninhaberInnen und EinzelhändlerInnen bis hin zu Verpackungsherstellern, Recyclern, Entsorgungsbetrieben und vielen mehr. Das Ziel ist es, die Mehrwerte digitaler Wasserzeichen-Technologien für eine genaue Sortierung und folglich ein hochwertigeres Recycling in großem Maßstab zu belegen.

Eine der drängendsten Herausforderungen zur Einrichtung einer Kreislaufwirtschaft für Verpackungen ist die bessere Sortierung von Verbraucherabfällen durch eine akkurate Identifizierung der Verpackungen, was wiederum zu einem effizienteren und qualitativ hochwertigeren Recycling führt. Digitale Wasserzeichen haben das Potential, diesen Sortierprozess zu revolutionieren und neue Möglichkeiten zu schaffen, die mit derzeitigen Technologien nicht durchführbar sind.

Was sind digitale Wasserzeichen und wie werden sie im Sortierprozess angewandt?

Digitale Wasserzeichen sind unauffällige, briefmarkengroße Kodierungen, die auf der Oberfläche der Verpackung von Konsumgütern angebracht werden. Sie können eine breite Palette an Kennzeichnungen, wie z. B. Angaben zu Herstellern, Bestandsführungseinheiten (SKUs; Stock Keeping Units), verarbeiteten Kunststoffen und der Zusammensetzung mehrschichtiger Gegenstände, Food- und Non-Food-Produkte usw. enthalten. Ziel ist die Erfassung und Dekodierung des digitalen Wasserzeichens mit einer an der Abfallsortierungsanlage angebrachten hochauflösenden Kamera. Je nach übertragenen Kennzeichnungen kann die Sortieranlage den Verpackungsabfall dann in die entsprechenden Verarbeitungslinien einsortieren. Dies führt zu besseren und akkurater sortierten Abfallströmen und demzufolge zu qualitativ hochwertigeren Rezyklaten, wovon die gesamte Wertschöpfungskette profitiert. Abgesehen von ihrer Funktion als „digitaler Recyclingpass“ sind digitale Wasserzeichen auch in anderen Bereichen einsetzbar, wie z. B. im Bereich der Kundenbindung, der Sichtbarkeit der Lieferkette und im Einzelhandel.

Wie wird die digitale Wasserzeichen-Technologie im Sortierprozess getestet?

Die erste Phase des Projektes beschäftigte sich mit der Entwicklung der Prototypmaschine einer Erkennungs- und Sortiereinheit für Verpackungsabfälle, die die NIR/VIS-Infrarottechnologie und die digitale Wasserzeichen-Technologie miteinander kombiniert. Der erste Prototyp, entwickelt von dem Maschinenhersteller Pellenc ST und dem Technologieanbieter Digimarc, erreichte im Validierungsprozess im September 2021 eine Sortiergenauigkeit von mehr als 95 Prozent.

Für die anschließenden semi-industriellen Tests wurde der Prototyp im Amager Resource Centre (ARC) in Kopenhagen installiert. Mitgliedsunternehmen der HolyGrail 2.0 Initiative wie etwa Alpla, Amcor, Henkel, PepsiCo, Procter & Gamble, Tetra Pak und Unilever stellten hierfür insgesamt 125.000 Verpackungen, kodiert mit digitalen Wasserzeichen, zur Verfügung. Damit testete das HolyGrail 2.0 Expertenteam die Maschine auf verschiedene Parameter, darunter die Geschwindigkeit und Genauigkeit des Sortiersystems, um sicherzustellen, dass es den Belastungen eines industriellen Betriebs in vollem Umfang standhält. Während verschiedener Open House Veranstaltungen in Kopenhagen konnten sich Mitglieder der Initiative sowie interessierte Unternehmen, Medienvertreter und Politiker selbst ein Bild von der Sortiereinheit und ihrem Potenzial machen. Nach 4-monatigem Testen in Kopenhagen ist die Maschine nun wieder am Hauptsitz  von Pellenc ST in Frankreich, wo die letzten Tests durchgeführt werden. Zur selben Zeit entwickelte auch der Maschinenhersteller Tomra, zusammen mit Digimarc, eine Prototypsortiereinheit ausgestattet mit der digitalen Wasserzeichen Erkennung.

Nach erfolgreichem Abschluss der semi-industriellen Probeläufe, planen Markenhersteller und Einzelhändler, mit Wasserzeichen ausgestattete Produkte noch in diesem Jahr in Deutschland, Dänemark und Frankreich auf den Markt zu bringen. An verschiedenen Standorten in Frankreich und Deutschland sollen dann die Detektionsmodule von Pellenc ST und Tomra für industrielle Tests in kommerziellen Sortier- und Recyclinganlagen installiert werden. Zu den potentiellen Partnern in dieser dritten Phase gehören Suez, Indorama, Paprec, Borealis und PreZero.

Wie hat das HolyGrail Projekt begonnen?

Die Neuentdeckung erfolgte dank des Programms „New Plastics Economy“ der Ellen MacArthur Stiftung, in deren Rahmen verschiedene Innovationen erforscht wurden, um das Recycling von Verbraucherabfällen zu verbessern. Digitale Wasserzeichen gingen als vielversprechendste Technologie aus dieser Untersuchung – unter dem Namen „HolyGrail“ – hervor und erhielten auch den Zuspruch der Mehrheit der Interessenvertreter. Unter der Schirmherrschaft des europäischen Markenverbandes hat sich dann die Markenartikelindustrie dafür eingesetzt, die nächste Phase als Wertschöpfungsketteninitiative unter dem Namen „HolyGrail 2.0“ mit Fokus auf digitalen Wasserzeichen umzusetzen. So wurde HolyGrail 2.0 im September 2021 offiziell ins Leben gerufen. Mit mehr als 160 Mitgliedern und der Inbetriebnahme einer industriellen Versuchsanlage findet dieses Pilotprojekt in viel größerem Maßstab und Umfang statt.

Mehr Informationen: www.digitalwatermarks.eu

Erklärungsvideo: https://www.youtube.com/watch?v=XMjg_GuLDZI