Klimadiskurs.NRW

Klimaschutz – nicht ohne Strukturwandel zu haben


am 27.01.16 von Klaus Breyer gepostet
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In vollem Gang: Strukturwandel im Energiesektor © Fotolia

Bisher konnte Klimapolitik in Deutschland noch in weiten Bereichen nach dem Leitsatz „allen wohl und keinem wehe“ gestaltet werden. Klimaschutz ist jedoch nicht ohne Strukturwandel zu haben. Die  härter werdenden politischen Auseinandersetzungen zwischen Erneuerern und Bewahrern sind  ein sicheres Zeichen, dass der grundlegende  Wandel kurz bevorsteht, ein Wandel, bei dem es Gewinner und Verlierer geben wird.

Fast alle Studien gehen davon aus, dass die gültigen Klimaschutz(zwischen-)ziele für Deutschland (2020: 40 %, 2030: 55%, 2040: 70 %, 2050: 80-95%)  nur durch einen Komplettausstieg aus der Kohleenergie bis spätestens 2040 erreicht werden. Das bedeutet  „ Deutschland kann nicht Energiewendeland sein und gleichzeitig Kohleland bleiben.“ Die unbestreitbar große Rolle der fossilen Energieträger bei der industriellen Entwicklung geht zu Ende. Um Risiken zu minimieren, ziehen sich bereits heute immer mehr Investoren aus Un-ternehmen zurück, deren Geschäftstätigkeit durch  Exploration, Handel und Umwandlung von fossilen Energieträgern  geprägt ist. Erneuerbare Energien und Energieeffizienz sind die neuen globalen Wachstumsmärkte, in denen Deutschland sein Knowhow erfolgreich einsetzen kann.

Der Ausstieg aus der Kohleenergie ist ein Legislaturperioden- und generationenübergreifendes Projekt. Der Kohleausstieg darf daher  politisch nicht ständig in Frage gestellt werden. Er muss auf eine breite Basis gestellt und als Gemeinschaftsaufgabe möglichst (!) im Konsens mit allen wichtigen Akteuren vorangetrieben werden.
Der mit dem Ausstieg verbundene Strukturwandel muss konsequent sozialverträglich gestaltet werden. Je länger sein Beginn hinausgezögert wird, umso größer die Gefahr,  dass es zu einem kurzfristigen und von massiven sozialen und wirtschaftlichen Brüchen gekennzeichneten Um-stellungsprozess kommt. Betroffenen Standorte und Regionen müssen frühzeitig eine langfristige Planungssicherheit erhalten und sich auf die Veränderungen einstellen können. Die existenziell Betroffenen erwarten zu Recht die politische und gesellschaftliche Unterstützung.
Wenn  aus Strukturfonds Strukturfördermaßnahmen punktgenau für die betroffenen Regionen entwickelt und umgesetzt werden, können Strukturbrüche vermieden werden. Um die Zukunftsfähigkeit der betroffenen Regionen zu stärken, muss „Gute Arbeit“ in allen heutigen und zukünftigen Wirtschaftsbereichen umgesetzt werden.
Zu beachten ist auch, dass die energieintensive Industrie nicht ihre Wettbewerbsfähigkeit verliert und sich weiterentwickeln kann. Ihre Abwanderung in Länder mit geringeren Umweltstandards wäre auch unter arbeitsmarkt- und klimapolitischen Gesichtspunkten kontraproduktiv.

Als Kirche rufen wir Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft auf, alle notwendige Schritte für das Erreichen des 1,5 ° C bis max. 2° C-Ziels einzuleiten und konsequent umzusetzen. Dazu gehören u. E.:

  • ein nationales Klimaschutzgesetz,  welches  den Kohleausstieg bis 2040 sowie die mittel- und langfristigen Klimaschutzziele Deutschland festschreibt und Rechts- und Planungssicherheit gibt,
  • ein Runder Tisch „Strukturwandel /. Kohleausstieg“, der die Hauptblockaden der Energiewende behandelt und konstruktiv löst sowie die Grundlagen für eine Roadmap zum sozialverträglichen Ausstieg aus der Kohleverstromung schafft,
  • ein Plan zur sozialverträglichen Gestaltung der Energiewende, der unter breiter Beteiligung aller wichtigen Akteure aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft erarbeitet wird.  Dieser Plan ist regelmäßig zu evaluieren und partizipativ weiterzuentwickeln

In NRW sind das Klimaschutzgesetz und die Aufstellung des Klimaschutzplans eine gute Grundlage für die notwendigen weiteren Entwicklungsschritte. Die Evaluierung und Weiterentwicklung des Klimaschutzplans sollte im Lichte der Pariser Beschlüsse mit breiter zivilgesellschaftlicher Beteiligung erfolgen.
Auch in NRW sollten möglichst bald Diskurse über einen sozialverträglichen Ausstieg aus der Kohlenergie aufgenommen werden. Sie können einen wichtigen Beitrag zu einem nationalen Kohlekonsens leisten.
Auch die Arbeit der Initiative KlimaDiskurs.NRW gewinnt in diesem Zusammenhang noch weiter an Bedeutung, geht es dem Klimadiskurs doch zentral darum, blockierende Interessensgegens-ätze herauszuarbeiten, um auf sachliche und faire Weise Konvergenzen und Möglichkeiten des  gemeinsamen Vorgehens beim Klimaschutz auszuloten.

Als Kirche werden wir uns gerne an diesen gesellschaftlichen Diskursen zu beteiligen. Auch unternehmen wir im eigenen, institutionellen Bereich institutionellen Bereich große Anstrengungen, damit der Klimaschutz vorankommt.

Klaus Breyer, Institut für Kirche und Gesellschaft (IKG) www.kircheundgesellschaft.de

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