Die Hitze erleben alle
Wer über Klimafolgen im Arbeitskontext nachdenkt, dem fällt als erstes die Hitze ein. Im Baugewerbe oder in der Landwirtschaft etwa bereitet man sich schon seit einiger Zeit auf veränderte Arbeitsbedingungen vor. Und das EU-Forschungsprojekt Heat Shield stellt auf kompakten neun Seiten einen „Work Action Heat Plan“ mit wertvollen Praxistipps vor. Dazu zählen beispielsweise regelmäßige Trinkpausen, veränderte Arbeitszeiten oder angepasste Schutzkleidung, aber auch die Aufklärung über Symptome von Sonnenstich und Hitzeschlag.
Doch nicht nur im Freien ist Hitze ein Thema. Mit jedem Grad Celsius lässt die menschliche Produktivität um 2% nach. Neben der Zahl der heißen Tage wird in manchen Regionen Deutschlands zusätzlich die Zahl der sogenannten „Tropennächte“ zunehmen, in denen die Temperatur nicht unter 20 Grad sinkt. Wir schlafen unter diesen Konditionen sehr schlecht, finden nicht genug Erholung und sind morgens nach dem Aufstehen schon schlapp.
Die unsichtbare Gefahr
Doch es ist nicht die Hitze allein, die Sorgen machen muss. Laut einer aktuellen Studie der Deutschen Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) sind rund 7 Millionen Beschäftigte in Deutschland am Arbeitsplatz mit der Sonne auch einer verstärkten UV-Belastung ausgesetzt. Beispielsweise Beschäftigte in der Gastronomie, die im Sommer Außenbewirtschaftung hat. Gegen den langwelligen Teil der UV-Strahlung schützt dabei auch die beliebte Sonnencreme nur unzureichend.
Die Zunahme der sonnigen Tage durch den Klimawandel erhöht nun die Dosis, die wir alle unweigerlich aufnehmen. Hinzu kommt die Schwächung der Ozonschicht der Erde, die uns Menschen vor UV-Licht schützt. Die Folge: Bereits heute ist der UV-Hautkrebs die zweithäufigste anerkannte Berufskrankheit.
Klein und gemein
An Warnschilder vor dem Eichenprozessionsspinner haben wir uns in Deutschland mittlerweile gewöhnt. Wir machen dann einen großen Bogen um das kleine Tier, weil wir nicht mit seinen Brennhaaren in Berührung kommen wollen, die allergische Reaktionen bis hin zur Bronchitis auslösen können.
Der Klimawandel begünstigt die Ansiedlung problematischer Arten einschließlich ihrer Begleiter wie Bakterien, Viren oder Pilze. So hat etwa die sich rasch in Deutschland verbreitende asiatische Tigermücke die Krankheitserreger für Gelbfieber und Dengue-Fieber im Gepäck, zahlreiche neue Zeckenarten warten noch darauf, erst einmal auf ihr Gefährdungspotential untersucht zu werden.
Immer häufiger machen auch eingewanderte Pflanzenarten wie das beifußblättrige Traubenkraut (Ambrosia) oder der Riesen-Bärenklau die Arbeit ungemütlich.
Die Zukunft ist extrem
Die Anpassung an den Klimawandel stellt für Unternehmen und Beschäftigte eine neue Herausforderung dar, denn wir wissen bislang nur ungefähr, was uns bevorsteht. Direkte Klimafolgen in Deutschland sind neben der Hitze auch zunehmende Dürre und Extremwetterereignisse, insbesondere Starkregen. Doch wie wird sich dies alles im Arbeitsumfeld auswirken?
Über die unmittelbaren Gefährdungen hinaus stehen plötzlich ganz neue Fragen im Raum. Wie gut sind wir auf Ausfallrisiken unserer Infrastruktur vorbereitet, von Abfallentsorgung über Energie und Mobilität bis hin zu Krankenhäusern oder Kitas? Wie stabil sind Logistik und Lieferketten? Denn ohne Material und vor allem ohne Menschen gibt es keine Produktivität.
Gemeinsam mit der Wissenschaft, engagierten Organisationen, Sozialpartnern und Praktiker:innen aus Unternehmen will das Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Rahmen einer „Politikwerkstatt“ herausfinden, welche Herausforderungen für die Arbeitswelt sich aus dem Klimawandel ergeben. Das Ziel: Eine klimafeste Arbeitswelt schaffen, in der individuelle Gesundheit und unternehmerische Produktivität gesichert werden.