Eine Lösung für schwer vermeidbare CO2 Mengen

Philipp Speiser​, Director Energy Transition Central Europe, Air Liquide

Air Liquide unterstützt Unternehmen beim Carbon Management

Kalk ist ein unverzichtbarer Bestandteil von vielen industriellen Fertigungsprozessen, z.B. bei der Zement- oder Stahlproduktion, aber auch der Trinkwasseraufbereitung. Beim Brennen von Kalk handelt es sich um eine Technik, bei der Kalkstein in großen Öfen erhitzt wird, bis sich das im Kalkstein gebundene CO2 löst, und Kalk sowie Kohlendioxid entstehen. Bei der Verwendung von Kohlenstoff basierten Brennstoffen macht das im Kalkstein gebundene CO2 mehr als zwei Drittel der entstehenden Emissionen aus, der Rest kommt aus dem Verbrennungsprozess.

Das EVEREST Projekt – CO2 Abscheidung am größten Kalkwerk Europas

Bild: Luftbild des Kalkwerkes Flandersbach[1]

In Wülfrath bei Wuppertal wird seit über 100 Jahren Kalkstein abgebaut. Dieser Prozess emittiert jedoch große Mengen CO2. Laut der „Dirty Thirty“-Liste des WWF ist das Kalkwerk der Lhoist Gruppe in Wülfrath der größte deutsche Emittent, mit über 1,5 Millionen Tonnen CO2 jährlich, welche leider nicht leicht zu vermeiden sind, da sie im Prozess entstehen und nicht auf der Verbrennung fossiler Energieträger beruhen. Die geplante Lösung: ein gemeinsames Projekt von Lhoist und Air Liquide namens EVEREST. Es zielt darauf ab, CO2 aufzufangen, aufzubereiten und zu verflüssigen, um es in tiefen Erdschichten zu speichern. Die Technologie kombiniert Druckwechseladsorption und tiefkalte Trennung von Gasen. Durch diese Methode können ca. 90 % der CO2-Mengen abgeschieden werden.

Das Kohlendioxidspeichergesetz und eine Carbon Management Strategie

Die Technologie steht in Deutschland aufgrund gesetzlicher Einschränkungen vor Herausforderungen. Das Kohlendioxidspeichergesetz (KSpG) erlaubt derzeit keine unterirdische Speicherung von CO2. Der Evaluierungsbericht zum KSpG empfiehlt eine Gesetzesanpassung, um den Bau von CO2-Leitungen zu erleichtern und Hindernisse für den Export von CO2 abzubauen. Dieser Bericht legt den Grundstein für eine Carbon Management Strategie für Deutschland, die von der Deutschen Energieagentur (DENA) entwickelt wird. Der Prozess strebt eine klare Strategie für die Anwendung von CCS an, die noch in diesem Jahr veröffentlicht werden soll.

Der Prozess beinhaltet die Modellierung verschiedener Szenarien, den Dialog mit Stakeholdern aus Wirtschaft, Politik und organisierter Zivilgesellschaft und die Bewertung von CCS für den Klimaschutz. Es wird betont, dass die Vermeidung von CO2 die höchste Priorität hat, gefolgt von der Defossilisierung und erst dann der Anwendung von CCS. Ziel des von der DENA geführten Prozesses ist es, eine Strategie für Deutschland vorzuschlagen, in der die Anwendungsbereiche, Raummodelle, notwendigen rechtlichen Rahmenbedingungen und regulatorischen Anforderungen für die Kohlenstoffabscheidung beschrieben werden. Auf dieser Basis können sich einzelne Unternehmen der CO2-Wertschöpfungskette mit der Projektförderung, dem Aufbau der notwendigen Infrastruktur und dem Ausbau des deutschen Marktes befassen.

Klar ist: Die CO2-Abscheidung kann nur dann zur Klimaneutralität in Deutschland und Europa beitragen, wenn die gesamte Kette von der emittierenden Anlage über die Verflüssigung des CO2, seinen Transport über alle Verkehrsträger bis hin zum Speicherort reibungslos verläuft und sicher funktioniert. Dazu bedarf es neben einem klaren strategischen Rahmen einer Zusammenarbeit verschiedener Unternehmen und Akteure entlang der gesamten Wertschöpfungskette.

Ohne CO2-Abscheidung ist die Erreichung der Klimaziele in Deutschland und weltweit kaum vorstellbar. Jetzt gilt es, schnell Rahmenbedingungen zu schaffen und Investitionssicherheit für Unternehmen zu schaffen, denn wir können es uns nicht mehr leisten, weiter nur theoretische Diskussionen zu führen. CO2 Abscheidung ist ein notwendiges Instrument, um unsere Klimaziele zu erreichen und gerade für schwer vermeidbare CO2 Mengen ohne echte Alternative.

 

[1] Von Walter Koch – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=50062868