Alle Menschen in der Energiewende mitnehmen

Wie können Fördermittel die Menschen motivieren, die Energiewende in Schwung zu bringen?

Thomas Zwingmann, Leiter Gruppe Energie und Klima im Bereich Energie, Verbraucherzentrale NRW e. V.

Noch immer dümpeln wir bei der Modernisierungsrate um etwa 0,8 Prozent rum. Um die Klimaziele nur annähernd zu erreichen, fordern Expert:innen das Doppelte bis Dreifache. Was tun? Thomas Zwingmann, Leiter der Gruppe Energie und Klima bei der Verbraucherzentrale NRW berichtet über den Austausch zwischen Expert:innen.

Alle Menschen in der Energiewende mitnehmen – Dieser Satz geht mir immer wieder leicht über die Lippen und oft passiert es, dass ich im zweiten Schritt innehalte und an dem Begriff „alle Menschen“ hängen bleibe. Alle Menschen umfasst gemäß dem Auftrag der Verbraucherzentrale NRW das Spektrum von „Kleinvermieter:innen“ über selbstnutzende Eigentümerinnen bis zu Mieter:innen.

Richten wir den Blick also auf diese Gruppen. Wie wir aus unserer Beratungspraxis und zahlreichen Umfragen wissen, ist die Energiewende kein Selbstläufer. Damit Menschen ihre Immobilie energetisch modernisieren, braucht es meistens Anstöße von außen. In Deutschland hat sich die Politik im Wesentlichen für das Fördern als Motivation zur energetischen Modernisierung entschieden. Doch trotz zahlreicher Förderprogramme startet der „Modernisierungsturbo“ nicht so richtig.

Fachveranstaltung Fördermittel neu denken

Die Verbraucherzentrale NRW hatte Ende Oktober unter dem Titel „Fördermittel neu denken – einfach, praxisnah, zielgerichtet“ Expert:innen zu einer Fachveranstaltung eingeladen, um die Förderung in Nordrhein-Westfalen in den Blick zu nehmen und um Gedanken und Wünsche zu formulieren, wie die Menschen zukünftig motiviert werden könnten, ihre Gebäude energetisch zu modernisieren, so dass auch Mieter:innen profitieren.

Schnell wurde deutlich, dass es in NRW sehr viele und häufig angepasste Förderprogramme gibt und es schwierig ist, den Überblick zu behalten oder zu bekommen.  Die Programme wurden als schwer verständlich, für viele Menschen nicht erreichbar und als kompliziert zu beantragen beschrieben.

Wirtschaftspsychologische Sicht

Aus wirtschaftspsychologischer Sicht keine optimale Ausgangssituation. Hier wurde der Slogan „less is more“ geprägt. Wir brauchen kompakte, zielgerichtete Informationen und eine klare Kommunikation. Einig waren sich alle Teilnehmer:innen, dass auch in Zukunft die energetische Modernisierung von Immobilen gefördert werden muss, wenn die Klimaziele 2045 weiter angestrebt werden.

Förderung für alle

Aus der Beratungspraxis wurde bestätigt, was in immer mehr Studien ermittelt wurde: Eigentümer:innen von Wohngebäuden sind nicht alle reich. Viele haben kaum finanzielle Mittel verfügbar, die sie zur energetischen Modernisierung einsetzen könnten. Daraus folgt die Forderung, zukünftige Fördermittel deutlich stärker als bisher sozial zu staffeln. Eine Möglichkeit: Kredite mit langer Laufzeit und einem sehr niedrigem Zinssatz, der in Abhängigkeit der finanziellen Möglichkeiten der Gebäudeeigentümer:innen gestaltet wird. Für finanziell vulnerable Eigentümer:innen muss die Schwierigkeit der Vorfinanzierung gelöst werden.

Hausbankenprinzip überdenken

Viele Immoblieneigentümer:innen sind in fortgeschrittenem Alter. Sie berichten, dass sie keine Finanzierung für ihre Maßnahmen erhalten. Auch jüngere Menschen berichten immer wieder, dass sie keine Bank finden, die ihnen den Restbetrag ihrer energetischen Modernisierung mit den dafür bereitstehenden öffentlichen Mitteln finanziert. Für die Zukunft sollte das Hausbankenprinzip auf den Prüfstand gestellt werden. Es sollte geprüft werden, wie die zur Verfügung stehenden Fördermittel einfach und pragmatisch den Modernisierungswilligen zur Verfügung gestellt werden können.

Kleine Maßnahmen als „Einstiegsdroge“

Eine spezielle „Einstiegsförderung“ von kleinen Maßnahmen, z. B. die Installation eines Steckersolargerätes oder der Dämmung der obersten Geschossdecke wird als „Einstiegsdroge“ in die energetische Gebäudemodernisierung gesehen. Sie könnte – kommunikativ unterstützt – Lust auf mehr machen.

Gerechte Aufteilung der Belastung

Damit Mieter:innen nicht durch die energetische Modernisierung im Anschluss durch höhere Mieten zusätzlich belastet werden, wurde das Drittelmodell des Deutschen Mieterbundes in Erinnerung gerufen. Dabei werden die Kosten einer energetischen Verbesserung des Hauses „gerecht“ zwischen Staat, Vermieter:in und Mieter:in aufgeteilt.

Fazit

Um Menschen in Zukunft stärker zu motivieren, ihre Häuser energetisch zu modernisieren, brauchen wir einfache Förderprogramme, die leicht zu beantragen sind. Sie sollten so sozial gestaffelt werden, dass auch Eigentümer:innen ohne finanzielles Polster ihre Gebäude im Sinne der Energiewende modernisieren können. Fördermittel müssen verlässlich verfügbar sein und Kontinuität bieten. Die Förderrichtlinien sollten länger als ein Jahr Bestand haben.